Süd-Finnland ist eine Reise wert. Nicht nur wegen der unberührten Landschaft, der Stille und der klaren Luft. Im Südwesten des Landes im Gebiet der „tausend Seen“ rund um die Bezirkshauptstadt Tampere gibt es Landgasthäuser und B&B-Farmen. Dort sind auch die Weinbauern angesiedelt, die seit Jahrzehnten mit der Herstellung von Wein befasst sind, der größtenteils in Finnland selbst getrunken wird.
Obwohl der Sommer auch im Süden Finnlands kurz ist, reifen die für den Wein benötigten Beeren voll aus. Das hat mit der tagtäglichen langen Sonnenschein-Dauer zu tun. Ein Großteil der Rohstoffe wird aus Gartenbeeren gewonnen. Auch Traubenbeeren werden immer öfter verwendet. Die Küche Finnlands ist eher durch Russland und Estland als durch die anderen skandinavischen Länder beeinflusst. Fisch, Kartoffeln, Brot und Fleisch sind die Grundpfeiler, wobei das Grillen und Räuchern Tradition hat. Lohi (Lachs) und Silakka (Hering) findet man oft. Kalakeitto, die finnische Bouillabaisse, ist eine Delikatesse. Dazu werden gerne Beerenweine und heimisches Bier getrunken. Dies vorweg, beginnen wir unsere Reise auf der Suche nach den besten Weinen des Landes in Tampere. Tampere ist während der Wintermonate die am hellsten beleuchtete Stadt Finnlands. Im Gebiet zwischen Helsinki, Tampere und Joensuu befindet sich rund die Hälfte der vierzig Beerenweinhersteller Finnlands. Sie können mit dem Auto oder dem Boot schnell erreicht werden. Beste Reisezeiten
zum Besuch der exklusiven Weinhersteller, die sich immer in ländlicher Umgebung befinden, sind der Frühsommer (Mai, Juni) oder der Herbst (Ende August), wenn die Lese im Gange ist.
 
Tampere und sein Umland haben kulinarisch, in einem gewissen Umfang auch gastronomisch, etwas zu bieten. Es gibt städtische Top-Restaurants sowie nicht zu unterschätzende Landgasthäuser, die es verstehen, regionale Produkte (Gemüse, Kräuter, Pilze, Wild und Fisch aus Wäldern, Seen und Flüssen) zu veredeln. Erste Anlaufstelle für uns ist das Weingut Teiskon Viini in Kämmenniemi. Titta Sydänheimo, die Besitzerin, empfängt uns herzlich. Neben Weinen aus Beerenfrüchten wie Kirschen, Sanddorn und Stachelbeeren gibt es in Finnland rote, schwarze, weiße und grüne Johannisbeeren. Titta hat neben dem Anbau von kälteresistenten Zilka-Trauben auch Versuche mit einem Pinot-Noir-Klon gemacht, der keine zufriedenstellende Resultate erbrachte.
Die anderen verwendeten Rebsorten sind bei uns kaum bekannt. Wir probieren den leichten Rotwein Zaida, der aus Zilga-Trauben gekeltert wird. Die robuste Rebsorte verträgt Temperaturen von bis zu – 40° Celsius. Der daraus gekelterte würzig-aromatische Zaida 2012 erinnert an reife Äpfel und Mirabellen. Er passt gut zu Joulukinkku, dem finnischen Weihnachtsschinken. Teiskon Viini hat mit dem Rubiini auch einen fruchtigen Schaumwein im Programm, der gerne zum Dessert gereicht wird. Neben dem Traubenwein gefällt auch der Sanddorn-Schaumwein Eloisa mit Noten von Marzipan, gelben Birnen und Bienenwachs. Als international konkurrenzfähig finden wir den Dessertwein Joiku aus Moltebeeren, einer arktischen Brombeeren-Art. Er duftet nach Grapefruit und weißem Pfeffer, schmeckt nach gelben Melonen und Quitten. Letzteren kann man auch zum Menü im Restaurant „C“, einem Gastrotempel gegenüber vom Bahnhof in Tampere, bestellen. Erstaunlicherweise reifen die roten Traubensorten in Finnland beim Freilandanbau besser aus. Auch bei uns bekannte Sorten wie Rondo, Madeleine Angévine, Solaris und Siegerrebe werden angebaut. Supaga, Zarja Severa und Zilga stammen aus Osteuropa, vornehmlich aus den baltischen Staaten und dem Süden Russlands.
 
Fast alle Weingüter in Finnland sind Familienbetriebe. Die Größe entspricht unseren Verhältnissen und beträgt zwischen fünf und zehn Hektar. Der Begriff „Wein aus Finnland“ macht keinen Unterschied zwischen Beeren- und Traubenwein. Finnen feiern gern und oft, am liebsten unter freiem Himmel. Alle Weingüter besitzen daher ihr eigenes Restaurant. Auch kleinste Beerenweinhersteller weisen zumindest eine Kaffeestube auf. Eine weitere Etappe auf unserer Erkundungsfahrt ist das Weingut Rönnvik in Laitikkala, fünfzig Kilometer von Tampere entfernt. Rönnvik ist einer der größten Beerenweinproduzenten des Landes. Allein was den Anbau von Johannisbeeren angeht, stehen auf dreiundzwanzig Hektar Agrarland rund 100.000 Sträucher. Pro Hektar werden durchschnittlich fünf Tonnen Beeren geerntet. Rönnvik verarbeitet nur 25 % davon selbst. Eila, die Ehefrau des Besitzers Jouni Rönni empfängt uns zur Weinprobe und zum Mittagessen. Sie ist zuständig für den Verkauf, obwohl das Weingut seit 2008 den Söhnen Juho und Kalle gehört. Beide kümmern sich um die Kellerwirtschaft und den Anbau der Früchte. Die rote Traubensorte, die sich bei Rönnvik bewährt hat, heißt Lahtela. Rönnvikin Viinitila besteht neben dem Weinkeller aus einem Restaurant, wo lokale Spezialitäten aufgetischt werden. Ein heimeliges Café und die Gastwirtschaft Pikku-Valakka runden das Angebot ab. Wichtig ist die Vinothek, wo die Weine direkt ab Hof verkauft werden. „Wir verkaufen unsere Produktion an Beerenweinen im Inland. Natürlich sind wir am Export unserer authentischen Produkte interessiert“, sagt Eila. Mehr als zwanzig verschiedene Beerenweine umfasst die Produktion. Rund zehn davon werden vermarktet. Die beliebtesten heißen Egil, Rönnvikin Rosé oder Kamreerin Vaalea. Egil ist ein frischer halbtrockener Weißwein aus grünen Stachelbeeren und eignet sich zum Aperitif. Rönnvikin ist der Rosé des Hauses. Der Wein aus weißen und roten Johannisbeeren passt zu kalten Vorspeisen mit süßlichen Nuancen wie klassischer Krabbencocktail, leckerer Kaisergranat mit Dill und Mayonnaise oder saftiges Vitello Tonnato. Diese Köstlichkeiten kann man in Tampere im Turm-Restaurant Näsinneula probieren. Wer einen Tisch reservieren will, sollte daher lange im Voraus anrufen. Zurück zum Wein. Omni nennt sich der feinherbe Traubenwein von Rönnvik. Er begleitet trockenes Süßgebäck oder Desserts mit Sahne, die in Finnland beliebt sind. Ein echter Verkaufsschlager ist der süße Kamreerin Vaalea. Der hellgoldene gehaltvolle Rhabarberwein ist elegant und vielschichtig. Er erinnert an einen halbtrockenen Riesling. Vor einem Jahr wurde bei Rönnvik eine kleine handwerkliche Brauerei in Betrieb genommen. Die hier erzeugten Biere werden in ganz Süd-Finnland verkauft. Zurück in Tampere steht tags darauf ein Besuch der städtischen Markthalle auf dem Programm. Neben den Bäckern, Obst- und Gemüsehändlern, Metzgern und Fischläden befinden sich auch kleine, populäre Restaurants in der Kaupahalli. Wer kulinarische Souvenirs aus Finnland sucht, wird in der historischen Markthalle schnell fündig. Letztendlich sollte auf das Automobil-Museum Vehoniemi in der Nähe von Tampere hingewiesen werden. Wegen der seltenen Exponate lohnt sich auch hier der Besuch.
 
Infos Süd-Finnland
  • Info über die Region:www.visittampere.fi
  • Info über finnische Weingüter:www.viinitilat.net
  • Sehenswerte Wein-Hersteller:Teiskon Viini
    in 34240 Kämmenniemi.
    www.teiskonviini.fi
  • Rönnvikin Viinitilain 36660 Laitikkala.
    www.ronnvik.com
  • Valamon Viiniherman Oyin 79850 Uusi-Valamo.
    www.valamo.fi
  • Liekoranta Inn in Sastamala.www.liekoranta.fi
  • Hotel-Restaurant Vaihmalan-Hovi am Vanajavesi-See.
    www.vaihmalanhovi.fi
 
Text: L.T.